​Austin Powers und die Hairforce

14. 04. 2019

Printmedien. Für einmal ein Text über den Schreiber. Das Original erschien 2011 im «Willisauer Bote» – aktuell ist es bis heute, nur ein paar wenige Anpassungen waren erforderlich. Im Zentrum stehen durchaus belanglose Äusserlichkeiten:

Moderator mit Mähne

Neulich vor einer Politveranstaltung, die ich als Moderator leitete. «Huere Wollesou!», begrüsste mich der Feuerwehrmann grinsend, der Ankommenden Parkplätze zuwies. Dieser Charmeur in Uniform war ein ehemaliger Jungwachtkollege. Lange hatten wir uns nicht gesehen; als Allererstes sprang ihm offensichtlich meine Haarpracht ins Auge. Kein Einzelfall. Kommentare über meine Mähne haben Tradition. Sie sind ein zuverlässiger Indikator: Nehmen sie zu, ist es an der Zeit, einen Termin beim Friseur zu vereinbaren. Die Spannweite der Bemerkungen ist gross. «Hesch ou afig langi Hoor», sagen die Diplomaten, «söttsch weder emou zom Coiffeur», die Direkten. Am unteren Ende der Höflichkeitsskala teilt man mich einer Tiergattung zu. Perfid sind auch Aussagen wie diese: «Wenn euer Bassist nicht bald zum Coiffeur geht, übernimmt er demnächst von Francine Jordi die Rolle des Schätzelis der Nation.» Das hatte einst jemand ins Gästebuch der Website unserer – mittlerweile längst verblichenen – Band geschrieben. Auch der Vergleich mit dem schrillen Film-Agenten Austin Powers (rechts) macht zuverlässig die Runde. «Wele Bruef hett dine Coiffeur?», ist ebenfalls ein oft bemühter Kalauer.

Sprachlos beim Akt

Eines sei an dieser Stelle ein für allemal klargestellt: Ich betrachte das mit der Zeit zugegebenermassen nicht immer sehr elegante Gewucher auf meinem Kopf weder als Protest gegen die Gesellschaft, noch soll es einen bohemischen Lebensstil dokumentieren. Ich will auch keinen neuen Modetrend setzen oder irgendeine subversive Hairforce-Kampftruppe bilden. Der Grund ist lapidar: Ich gehe schlicht und ergreifend nicht gerne zum Barbier. Und das völlig unbegründet. Denn jede Coiffeuse, die sich tapfer meiner unkontrollierbaren Matte annimmt, ist überaus zuvorkommend. Meistens darf ich mir zuvor ein grandioses Klatsch- oder Autoheftchen zu Gemüte führen; während des Schneidens gibt es einen süssen Prosecco oder einen starken Espresso – kommt es besonders gut, erhalte ich zum Schluss eine wohltuende Kopfmassage. Gleichwohl: über Wochen schiebe ich es hinaus.

Ich mags einfach nicht; weiss nicht, worüber ich während des Akts reden soll und danach fühle ich mich immer so kahl, so nackt und ausgestellt. Und dann dieses lästige Jucken im Nacken. Auch die Reaktionen sind nicht eben erbauend: Kaum jemand bemerkt, dass ich Haare gelassen habe. Immerhin höre ich für einige Wochen weniger Kommentare.