​Architektur und Corona

15. 11. 2020

Printmedien. Es war ein skurriler Rückzugsort. Wie sein Name vermuten lässt, geschahen im Zofinger Folter- und Strecketrum im Mittelalter hässliche Dinge. Unsäglich wurden hier die Malefikanten malträtiert. Dieser düsteren Geschichte zum Trotz richtete sich der einheimische Bierbrauer Fritz Senn zuoberst im Turm ein persönliches Refugium ein; 1890 war es bezugsbereit. Selbst auf Elektrizität und fliessendes Wasser musste der Eigentümer der Klosterbrauerei in seinem – so nannte er es – «persönlichen Sanatorium» nicht verzichten, damals noch alles andere als selbstverständlich. 


Einzige bekannte Aufnahme des vollendeten und möblierten Turmstübchens, entstanden 1899. Foto Franz Ramseyer

Senn verstarb 1924, die Brauerei verschwand 1972. Das Turmstübchen geriet in Vergessenheit, besteht aber in seinen Grundzügen noch heute. Nun ist erstmals darüber zu lesen: In einem Artikel im soeben veröffentlichen Band 78 der «Heimatkunde des Wiggertals», verfasst vom Konservator des Zofinger Museums, Urs Siegrist.

Viel geschrieben – Pandemie sei «Dank»

David Koller ist Mitglied der Redaktion der «Heimatkunde» und damit mitverantwortlich für den Gesamtinhalt des Buchs. Selber hat er drei Artikel zur neuen Ausgabe beigesteuert. Zwei widmen sich architektonischen Themen. Zum einen der Entstehung der 1968 eingeweihten Kirche St. Maria in Nebikon. Beim Text handelt es sich um ein Exposee der 2019 veröffentlichen Broschüre über den Bau. Der architektonisch wertvolle Sakralbau steht in der Tradition von Le Corbusiers Manifest in Ronchamp und birgt Elemente des Brutalismus. Zum anderen widmete sich Schreiber Koller dem Ersatzneubau eines Wohnhauses im historischen Ensemble des Wasserschloss Wyher in Ettiswil. Beim Neubau redete die Denkmalpflege des Kantons Luzern ein gewichtiges Wort mit. 

Der dritte Text ist ein Essay über die Zeit im Lockdown. Er beschreibt die Ruhe, die sich auch über das Wiggertal legte. «Notgedrungen führte Corona zu einem Rückzug ins Private – zu einem Biedermeier 2.0 quasi», ist zu lesen. Zudem verschaffte die Pandemie Zeit für Muse. Das manifestiert sich auch in der «Heimatkunde». COVID-19 war mit ein Grund, warum David Koller 2020 mehr für das Buch in die Tasten griff als in anderen Jahren.