Journalistische Bruchlandungen

Willisauer Bote (WB)
«Carte Blanche», 25. Oktober 2013

Als diesen Juli eine koreanische Boeing bei der Landung in San Francisco verunglückte, leistete sich ein amerikanischer TV-Sender einen üblen Schnitzer. Im Rennen um die aktuellsten Infos nannte er die vermeintlichen Namen der Piloten: Sum Ting Wong, Wi Tu Lo, Ho Lee Fuk und Bang Ding Ow. Was im ersten Moment asiatisch klingen mochte, entpuppte sich als übler Scherz. Denn statt um Namen handelte es sich um die Verballhornung der englischen Ausrufe «something wrong», «we too low», «holy» – ergänzt mit dem F-Wort, das die puritanischen US-Fernsehsender jeweils mit einem Piepston überlegen – und «bang, ding, ow». Auf Deutsch: «Hier stimmt was nicht», «wir (sind) zu tief», «heilige Scheisse», «bumm, krach, autsch.»

Selber schrammte ich jüngst zweimal an ähnlichen journalistischen Bruchlandungen vorbei; in Artikeln über das derzeitige Haupttraktandum der politischen Agenda Luzerns – die betrübliche Finanzlage. Aus unerfindlichen Gründen tendiere ich dazu, Senkung mit Erhöhung zu verwechseln. So titelte ich vor zwei Monaten: «Gretchenfrage Steuersenkung». Diesen Lapsus zog ich im Text konsequent durch. Trotz mehrfachem Durchlesen fiel er mir nicht auf. Erst mein Chef konnte in der Schlusskontrolle einen Durchstart einleiten und den Gau abwenden. Ho Lee Fuk!

Sum Ting Wong! Wieso mein Unterbewusstsein immerzu von Steuersenkung statt -erhöhung berichten will, bleibt mir ein Rätsel. Um einen Freud’schen Verschreiber kann es sich nicht handeln. Denn als Spross eines CVP-Hauses wurde mir nicht eben überschäumende Liebe für den Liberalismus in die Wiege gelegt. Die Antipathie ist geblieben, obwohl ich mich politisch längst emanzipiert habe und auf mich gemünzt das Vorurteil nicht ganz in Abrede stellen kann, Journalisten würden eher nach links steuern – ausser natürlich die strammen Mannen von Captain Köppels «Weltwoche». Am letzten Freitag rasselte ich erneut fast in die Falle. Um ein Haar hätte ich der Luzerner SP den Wunsch nach tieferen Steuern unterstellt. Bang Ding Ow! 

Immerhin habe ich den Lapsus dieses Mal selbst bemerkt. Für den Fall, dass ich dereinst dennoch reinfliegen sollte und in der kantonalen Fiskalpolitik von Beibehalten statt Kurswechsel schreibe, halte ich hier schon mal prophylaktisch fest: Wi tu Lo!


© David Koller, 2013

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